Finanzierung mit Aktien
Die Finanzierung mit Aktien wird zumeist mit einem tilgungsfreien Darlehen in Kombination mit einem Aktiensparplan realisiert. Das angesparte Aktienvermögen soll dabei am Ende der Darlehenslaufzeit die vollständige Tilgung des Darlehens ermöglichen. Die Strategie birgt Chancen, hat aber auch erhebliche Risiken. Für wen sie interessant ist, klärt dieser Beitrag.
Hohes Risiko, vielleicht aber auch hohe Gewinne: Das zeichnet Aktienanlagen generell aus. Es ist auch möglich, Aktiensparen mit einer Baufinanzierung zu kombinieren. Dabei wird einerseits ein tilgungsfreies Darlehen aufgenommen, für das während der Laufzeit nur die Zinsen gezahlt werden. Das Geld, das üblicherweise der Tilgung des Darlehens dient, wird parallel dazu in einen Aktienfond oder in einem Aktiendepot angespart. Das mit der Zeit angesparte Aktienvermögen soll später dazu dienen, das Darlehen auf einen Schlag zurückzuzahlen.
Bei der Finanzierung mit Aktien können risikobewusste Immobilienkäufer unter Umständen profitieren. (Foto: Andrey Popov – fotolia.de)
Weil Aktienkurse ganz erheblichen Schwankungen unterliegen, ist diese Strategie riskant, birgt aber auch erhebliche Chancen. Denn entwickeln sich die Aktien langfristig positiv, reichen unter Umständen schon verhältnismäßig geringe Sparbeträge aus, um später das Darlehen abzulösen. Entwickeln sie sich dagegen negativ, steht zum geplanten Termin der Ablösung allerdings viel zu wenig Geld zur Verfügung.
Wegen der hohen Chancen und Risiken, eignet sich dieses Modell nicht für jedermann.
Option für risikobewusste Kapitalanleger: Unter Umständen interessant, jedoch Risiko
Langfristig haben sich Aktien in den letzten Jahrzehnten überaus positiv entwickelt. Kapitalanleger mit finanziellen Reserven, die auch für die Zukunft an eine solche Entwicklung glauben, kann das Modell Finanzieren mit Aktien interessant sein. Dabei sollte aber eine gewisse Flexibilität gegeben sein. Denn es kann sein, dass genau zu dem Zeitpunkt, an dem das Aktiengeld benötigt wird, ein Börsencrash einen Teil des Kapitals vernichtet – dann ist Durchhaltevermögen gefragt, der Verkauf des Aktienpakets sollte dann erst später erfolgen, wenn sich die Kurse wieder erholt haben. Die Finanzierungsdauer wird dadurch aber verlängert.
Nur eingeschränkt für Eigennutzer zu empfehlen
Eigennutzer, die planen, zu einem bestimmten Zeitpunkt schuldenfrei zu sein und die neben ihrem Eigenheim nur über geringe finanzielle Reserven verfügen, sollten das Finanzieren mit Aktien besser sein lassen. Denn das Risiko ist zu hoch. Geht zum Beispiel der Plan, bis zum Renteneintritt schuldenfrei zu sein, nicht auf, so können ernsthafte finanzielle Engpässe die Folge sein. Nur wer risikoaffin ist und über weitere finanzielle Reserven verfügt, kann das Risiko eingehen.
Wie das Finanzieren mit Aktien funktioniert
Das Finanzieren mit Aktien besteht grundsätzlich aus zwei verschiedenen Bausteinen:
- Einerseits ein Darlehen, das tilgungsfrei gestellt ist. Das bedeutet, dass während der gesamten Laufzeit nur Zinsen gezahlt werden. Die monatliche Rate ist entsprechend geringer als bei einem Darlehen mit Tilgung.
- Andererseits einen Tilgungsbaustein, zum Beispiel in Form eines Aktien- oder Indexfonds oder eines Aktiendepots. Die Summe, die bei einem konventionellen Darlehen normalerweise für die Tilgung verwendet wird, wird monatlich in den Tilgungsbaustein angespart. Die Hoffnung dabei: Das Aktiensparen erwirtschaftet eine deutlich höhere Rendite als die Höhe der Zinsen des Darlehens. In diesem Fall ließe sich das Darlehen wesentlich früher endfällig tilgen, als dies bei einem konventionellen Hypothekendarlehen mit Tilgung der Fall wäre.
Der Cost-Average-Effekt
Wer regelmäßig in einen Aktiensparplan einzahlt, kann vom so genannten Cost-Average-Effekt (Durchschnittskosteneffekt) profitieren. Dieser besagt, dass derjenige, der regelmäßig eine gleich hohe Summe in Aktienprodukte investiert in den meisten Fällen eine höhere Rendite erwirtschaftet als derjenige, der immer die gleiche Zahl von Anteilen erwirbt.
Folgendes – stark vereinfachte – Beispiel soll dies verdeutlichen:
Anleger A erwirbt am 1. Januar, am 1. April, am 1. Juli und am 1. Oktober eines Jahres jeweils einen Anteil eines Aktienfonds. Nachfolgende Tabelle zeigt, wie viel Anleger A insgesamt investiert:
Datum | Kurs des Fonds (Euro) | Anzahl der Anteile | Höhe der Investition (Euro) |
1. Januar | 100 | 1 | 100 |
1. April | 120 | 1 | 120 |
1. Juli | 80 | 1 | 80 |
1. Oktober | 100 | 1 | 100 |
Summe: | 4 | 400 |
Anleger B investiert am 1. Januar, am 1. April, am 1. Juli und am 1. Oktober jeweils 100 Euro in den Aktienfonds. Nachfolgende Tabelle zeigt auf, wie viele Anteile er zum jeweiligen Kurs erhält:
Datum | Kurs des Fonds (Euro) | Anzahl der Anteile | Höhe der Investition (Euro) |
1. Januar | 100 | 1 | 100 |
1. April | 120 | 0,833 | 100 |
1. Juli | 80 | 1,25 | 100 |
1. Oktober | 100 | 1 | 100 |
Summe: | 4,083 | 400 |
Anleger B hat für 400 Euro 4,083 Anteile des Fonds erworben, die am 1. Oktober 408,30 Euro wert waren. Anleger A hat auch 400 Euro investiert, hat aber nur vier Anteile mit dem Wert von 400 Euro. Der Cost-Average-Effekt kann also dazu führen, dass der regelmäßige Sparer bei gleich hohen Einzahlungsbeträgen im Durchschnitt günstiger kauft. Würde der Anleger statt gleich hoher Raten immer die gleiche Zahl von Anteilen zu unterschiedlichen Preisen erwerben, stünde er schlechter da.
Übrigens: Ginge man von schwankenden, langfristig aber steigenden Kursen aus, wäre die Einmalanlage einer bestimmten Summe vorteilhafter. Das ist aber im Zusammenhang mit einer Immobilienfinanzierung nur dann relevant, wenn man über die Summe verfügt und auch einen guten Einstiegskurs realisieren kann.
Welche Vorteile das Finanzieren mit Aktien haben kann
Die Vorteile des Finanzierens mit Aktien liegen auf der Hand: Sollten sich die Aktien gut entwickeln, ist eine schnellere Tilgung des Darlehens möglich.
Folgende – optimistische – Beispielrechnung zeigt dies:
Es soll ein tilgungsfreies Darlehen über 250.000 Euro am Ende einer 20-jährigen Laufzeit auf einen Schlag getilgt werden. Der Zinssatz für das Darlehen beträgt 2,5 Prozent, demzufolge werden monatlich rund 520 Euro an Zinszahlungen fällig.
Statt das Darlehen zu tilgen, wird regelmäßig in einen Aktien-Tilgungsträger eingezahlt. Bei einer monatlichen Sparrate von 600 Euro und einer angenommenen Verzinsung von sieben Prozent ergibt sich am Ende der 20-jährigen Laufzeit ein Guthaben von rund 306.000 Euro. Das ist zunächst mehr, als für das Darlehen benötigt wird. Da für Aktiengewinne aber eine pauschale Abgeltungssteuer von 25 Prozent (plus Soli und Kirchensteuer) anfällt, sobald die Aktien veräußert werden, ist diese Reserve notwendig – in diesem Beispiel würden die Steuern bei knapp 50.000 Euro liegen. Insgesamt reicht aber eine monatliche Aufwendung von 1.120 Euro aus, um nach 20 Jahren schuldenfrei zu sein.
Hätte der Darlehensnehmer ein konventionelles Annuitätendarlehen in Anspruch genommen, das nach 20 Jahren abbezahlt sein soll, hätte die Monatsrate bei gleichem Zinssatz rund 1.330 Euro betragen.
Info
Finanzieren mit Aktien Steuervorteil für Kapitalanleger
Bei einer Kapitalanlage-Immobilie ergibt sich zudem noch folgende Besonderheit: Die Zinsen, die während der Laufzeit anfallen, können steuerlich geltend gemacht werden. Beim tilgungsfreien Darlehen bleiben die monatlichen Zinskosten während der Zeit der Zinsbindung konstant. Bei Annuitätendarlehen hingegen sinkt der Zinsanteil mit jeder Rate, während der Tilgungsanteil kontinuierlich steigt. Die Steuerspar-Möglichkeiten sinken demzufolge im Zeitverlauf. Beachtliche Steuerzahlungen werden dann allerdings am Ende der Laufzeit fällig, wenn die Abgeltungssteuer für die Aktiengewinne fällig wird.
Welche Nachteile das Finanzieren mit Aktien haben kann
Die Vorteile des Finanzierens mit Aktien können aber auch gleichzeitig die Nachteile sein. Dann nämlich, wenn sich das Aktiensparen als wenig renditeträchtig erweist, ist es möglich, dass am Ende der geplanten Laufzeit das angesparte Geld bei weitem nicht ausreicht, um das Darlehen endfällig zu tilgen.
Folgende – pessimistische – Beispielrechnung zeigt dies:
Auch hier soll ein tilgungsfreies Darlehen über 250.000 Euro am Ende einer 20-jährigen Laufzeit auf einen Schlag getilgt werden. Der Zinssatz für das Darlehen beträgt 2,5 Prozent, die monatlich zu entrichtenden Zinsen betragen auch hier 520 Euro.
Der Aktien-Tilgungsträger weist aber entgegen der optimistischen Prognosen über die Laufzeit nur eine Rendite von drei Prozent auf. Bei der gewählten monatlichen Sparrate von 600 Euro ergibt sich am Ende der 20-jährigen Laufzeit lediglich ein Guthaben von rund 197.000 Euro. Das ist viel zu wenig, um das Darlehen endfällig zu tilgen, zumal auch hier für die – allerdings geringeren – Erträge die Abgeltungssteuer fällig wird.
Ein weiterer Nachteil des Finanzierens mit Aktien ist der Umstand, dass das Finanzamt am Schluss an den Aktiengewinnen beteiligt werden will. Betragen die Kursgewinne beim Verkauf des Aktientilgungsträgers beispielsweise 100.000 Euro, so bekommt der Fiskus davon knapp 28.000 Euro an Abgeltungssteuer, Soli und Kirchensteuer.
Finanzieren mit Aktien: Risiken begrenzen
Einerseits Chancen, andererseits hohe Risiken: Wer letztere begrenzen will, kann sich auch für einen Mittelweg entscheiden. Der kann zum Beispiel so aussehen, dass nicht ein großes Darlehen, sondern zwei kleinere abgeschlossen werden. Eines davon konventionell mit Tilgung, das andere tilgungsfrei mit Aktientilgungsträger. Eine weitere Möglichkeit: Es wird eine geringere Tilgung für das Darlehen vereinbart, parallel dazu wird ein kleinerer Aktien-Tilgungsträger bespart.
Fazit
Finanzieren mit Aktien birgt Chancen, aber auch erhebliche Risiken. Das Modell ist deshalb nur für solvente und sehr risikoaffine Anleger interessant. Bei den derzeit niedrigen Zinsen sollten risikoscheue Bauherren oder Käufer eher auf ein konventionelles Annuitätendarlehen zurückgreifen.